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Von der Digitalisierung zur Digitalität: Konturen einer Hochschulbildung Post-Corona

So der Titel meines Vortrages, den ich für den Tag der Lehre an der Universität Freiburg im November halten werde. Dazu habe ich folgenden Abstract eingereicht.

Vor dem Hintergrund der Lehrerfahrungen während der Pandemie („Remote Emergency Teaching“) und der anhaltenden Diskussion zur Zukunft der Lehre („Hybrid“, „Blended“) unternimmt der Vortrag eine Einordnung und skizziert Konturen einer Hochschulbildung. Es werden zentrale Themenkomplexe wie „IT-Infrastruktur“, „digitale Kompetenzen“ und „Hochschuldidaktik“ beleuchtet und auf Wechselwirkungen eingegangen. Im Kern geht es um die Frage: Wieviel Digitalisierung braucht die Hochschule?

Im Vortrag möchte ich auf zwei Seiten der Medaille „Digitalisierung“ eingehen:

  1. Wie gestalten wir (d.h. die Hochschulen) die Digitalisierung und was braucht es dafür?
  2. Wie gestaltet die Digitalisierung uns (d.h. die Hochschulen) und was macht das mit den Hochschulen?

Die erste Perspektive ist seit längerer Zeit dominant und findet sich im aktuellen Diskurs zum Beispiel in den Empfehlungen zur Digitalisierung in Lehre und Studium des Wissenschaftsrats vom Juli 2022

Die Hochschulen sollten ihr Studienangebot so aufstellen und ihre Studiengänge so ausgestalten, dass es den Studierenden ermöglicht wird, an einer digital geprägten Gesellschaft teilzuhaben (…).

Die Hochschulen sollten qualitätsvolle, digital gestützte Lehrformate in den gesamten Studienverlauf einbinden.

Empfehlungen des Wissenschaftsrats zur Digitalisierung in Lehre und Studium (S. 69)

Einen sehr ähnlichen Ton schlägt das Gutachten Digitalisierung im Bildungssystem der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK) an

Jede Hochschule sollte Studierenden Lernmaterial digital zur Verfügung stellen, eine digitale Erreichbarkeit von Dozierenden sicherstellen und dort, wo es didaktisch sinnvoll ist, eine Verfügbarkeit von digitalen Zugängen zu Lehrveranstaltungen (z.B. Aufzeichnung einer Vorlesung) anstreben.

Gutachten Digitalisierung (S. 153)

Erkennbar ist ein normativer Duktus („sollen“), mit dem sowohl die Wichtigkeit als auch die Dringlichkeit der Forderungen unterstrichen werden. Es sind deutliche Handlungsaufforderungen an die Hochschulen, jetzt (endlich) was zu tun. Zu viel steht auf dem Spiel, denn die Hochschulen drohen ihre Spitzenposition als ehrwürdiger Bildungsanbieter im globalen Wettbewerb zu verlieren. Auch gilt es den Schwung des „massiven Digitalisierungsschubs“ aus der Pandemie „auch in Zukunft gewinnbringend zu nutzen“ (Angenent et al., 2022, S. 23).

Doch wie kann das nachhaltig, strukturell verankert gelingen? Wichtig erscheint mir, bei aller Aufbruchstimmung, Faktoren zu beleuchten, die eng mit dem „Erfolg“ der Digitalisierung verknüpft sind. Dazu gehört auf strategischer Ebene eine gemeinsame Zielsetzung darüber, wohin die Reise gehen soll. So finden sich nun Forderungen, die Corona-Krise als Chance zu begreifen und „Lehrveranstaltungen komplett neu denken„. (Diese Überlegungen stammen aus einer Zeit, als man noch nicht ahnen konnte, dass es sehr bald eine neue Krise, diesmal im Bereich Energieversorgung geben wird.) Klar ist auch, dass erhebliche zusätzliche Investitionen erforderlich sind, um eine gute Basis für digital unterstützte Lehre zu schaffen. Gefordert wird hier etwa eine Digitalisierungspauschale von 92 Euro pro Jahr und pro Student/in. Zu klären ist ebenfalls welche (technische) Ausrüstung benötigt wird (und ob dies auch realistischerweise beschafft werden kann). In einer Studie zu Veränderungsprozessen in Unterstützungsstrukturen für Lehre an deutschen Hochschulen in der Corona-Krise wurde die Frage aufgeworfen, „(…) ob die angestoßenen Maßnahmen künftig weitergeführt werden können, wenn die zur Corona-Pandemie bereitgestellten zusätzlichen Mittel erschöpft sind“ (S. 39). Die Situation in den Rechen-/E-Learning- und Medienzentren ist (noch) nicht den anstehenden Aufgaben angepasst. Problematisch sind, ganz generell, die Arbeitsbedingungen an den Hochschulen. Deutlich artikuliert wurden die Sollbruchstellen (z.B. über die Debatte #ichbinhanna), doch offen bleibt, was von den Forderungen zu stabilen und planbaren Karrierewegen umsetzbar ist.

Ungeachtet dieser, kurz skizzierten Herausforderungen, möchte ich mit der zweiten Perspektive aufzeigen, dass Digitalisierung kein Projekt ist, dass man einfach beginnen und irgendwann abschließen kann. So als ob man auf eine neue Version bei Learning Management oder Campus Management Systemen springt, alles andere aber mehr oder weniger stabil bleibt. Vielmehr geht es mir darum zu beleuchten, welche unbeabsichtigten Auswirkungen die Digitalisierung auf die Hochschullehre hat. Was macht die Digitalisierung mit der Hochschule, was diese vielleicht gar nicht will?

Categories: Keynote

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